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Praxisvortrag mit Pia Aumeier:

Völker stark, gesund und mit jungen Königinnen einwintern

Im August und September sorgt der kluge (und frei nach Pia Aumeier: der "faule") Imker schon längst für den Winter vor. Ziel ist es, die Völker so einzuwintern, dass sie den extremen Stress der Frühjahrsentwicklung locker schultern können. Die kostenlose Veranstaltung rund um die richtige Einwinterungsstrategie mit Dr. Pia Aumeier fand auf dem Bio-Apfelhof Helmig in Greven-Schmedehausen statt.

 

 

Bei bestem und sonnigem Flugwetter wurde das Konzept des "Teilen und Behandelns" an mehreren Bienenstöcken demonstriert. Wie immer bei Veranstaltungen mit Pia Aumeier blieb es nicht bei grauer Theorie. Es konnte nicht nur geschaut, sondern auch geschmeckt (Waldtrachthonig und Marshmallows) und angefasst (verschiedene Waben mit ansitzenden Bienen) werden.

Zunächst wurde das bisherige, sehr besondere Bienenjahr mit den anwesenden Imkern diskutiert. Nach erst mäßigem, dann explosivem Frühjahr und sehr trockenem Sommer gab es wieder das Geschenk der Waldtracht, das viele Imker durch eine zusätzliche Schleuderung zu nutzen wussten. Die Varroabelastung scheint vielerorts gleichzeitig sehr gering zu sein - woran das liegt und ob daraus Strategien gegen die Milbe ableitbar sind, ist noch nicht ergründet.

 

 

Das Konzept des "Teilen und Behandelns" funktioniert denkbar einfach. Zunächst wird das Wirtschaftsvolk geteilt: Nach der Honigernte wird der nun leere Honigraum auf den alten Boden an die gewohnte Stelle des Volkes platziert und mit einem Deckel versehen. Aus den Brutraum wird die Königin gesucht, gefunden und im Käfig in den Honigraum gesetzt. Die Flugbienen kehren an diesen, gewohnten, Ort zurück, so dass bei gutem Wetter innerhalb von einigen Stunden ein "Flugling" entsteht. Die beiden alten Bruträume (nun ohne Königin) werden auf einem neuen Boden direkt auf dem Flugling platziert. Hier werden sich die Arbeiterinnen in den nächsten Wochen eine neue Königin heranziehen.

Der Flugling kann direkt nach zwei Tagen brutfrei behandelt werden (Sprühen mit Milchsäure oder Oxalsäure). Im Brutling werden nach 21 Tagen zunächst die ältesten Waben aussortiert, das Volk auf eine Zarge eingeengt und dann ebenfalls brutfrei behandelt.

Ausführlich ging Pia Aumeier auf die einzelnen Schritte (detailliert nachzulesen in den Unterlagen von Pia Aumeier, siehe unten, letzter Absatz) und vielen Vorteile des Konzeptes ein:

  • Ein in Flugling und alte Bruträume getrenntes Volk kann brutfrei sehr wirksam gegen die Varroamilbe behandelt werden.

  • Da eine neue Königin schlüpft, gewinnt der Imker im Oktober die Flexibilität, entweder ein zusätzliches Volk weiterzuführen oder die Königin für ein bestehendes Wirtschaftsvolk zu nutzen.

  • Durch die höhere Völkerzahl können dann auch schwache Völker gezielt verstärkt werden.

  • Die Wabenhygiene ist im Konzept integriert.

 

 

Viele interessierte Fragen der Imker und die schlagfertigen Antworten der Referentin machten aus dem Termin einen nicht nur informativen, sondern auch lebendigen und äußerst unterhaltsamen Workshop. Chronologisch wurden die Varroabehandlung (immer erst nach Zähl-Diagnose und nur, wenn nötig) samt der Behandlungsalternativen, die Einfütterung (ca. 15 kg für Wirtschaftsvölker, 12 kg für Ableger) und Winterbehandlung erörtert. Immer wieder schlug Frau Aumeier den Bogen zum Tierschutz und dem daraus folgenden verantwortungsbewussten Umgang mit den Bienenvölkern.

Als Schwimmhilfe bei der Fütterung von Ablegern eignet sich grundsätzlich fast alles, was der jeweilige Standort so bietet - im Fall des Bio-Apfelhofs Helmig können das sogar Äpfel sein:

 

Im Oktober kommt es dann regelmäßig zur "Stunde der Wahrheit". Jetzt entscheidet sich sowohl bei den neu gebildeten als auch bei den Wirtschaftsvölkern, wer fit genug für den Winter und das folgende Frühjahr ist. Verantwortungsbewusstsein heißt dabei auch, zu schwache Völker aufzulösen und anderen Völkern zuzuschlagen - auch wenn der Imker ursprünglich andere Pläne hatte.

 

Der fesselnde Vortrag ließ die Zeit im Fluge vergehen. Mit der hinter den Bäumen verschwindenden Sonne verabschiedete sich Frau Aumeier und entließ die Imkerschar - bereichert um viele Tipps, Denkanregungen und gute Vorsätze. Immer wieder wurde auch auf ein tolles Angebot verwiesen: Die Dozentin stellt ihren Erfahrungsschatz im Internet bereit. Unter der Rubrik "Tipps durch's Bienenjahr" finden sich dort viele der thematisierten Aspekte anschaulich aufbereitet wieder.

Fotos: Viktor Pöhlitz

Text: Andreas Wömpener